Die Geschichte von Lignano
Auskünfte ueber Lignano, die auf die Zeit vor dem 15.
April 1903 zurueckgehen, findet man weniger in Archiven, sondern eher im
scharfen Umriss eines Gebiets und einer Landschaft, die in der Stille der
Jahrhunderte und am Rande der Geschichte unveraendert geblieben sind. Die
einzigen Spuren sind die alten Karten, in denen Lignano nur als Landstrich, als
"leerer" geographischer Raum,zwischen dem "politischen" Gebiet der Republik
Venedig und der
Festung von Marano eingezeichnet ist, wobei die letztere die
strategische und Verteidigungsgrenze der Gebietsvorherrschaft der Serenissima
darstellt. Zwischen dem 16. Und 17. Jahrhundert taucht die Halbinsel von Lignano
in den detaillierten Zeichnungen der Gutachter des Wasserrates(eines
oeffentlichen venetianischen Amt zur Ueberwachung des heiklen Zustands der
Lagune, die fuer die Serenissima lebensnotwendig war) auf: eine Reihe von
Kuestenstreifen (8 oder 9) mit vom Wind geformten Duenen, ein von Kanaelen
durchzogenes und belebtes Gradnetz, die vom Sandstrand bedeckte Landzunge, die
das Meer, die Winde und der Tagliamento Fluss in Tausenden von Jahren geformt
haben. Ein dichtes Gehoelz mit Schwarzkiefern, Steineichen, Maeusedorn... Eine
Gruppe von Haeusern auf einer Erhebung neben der Lagune, hier und da ein "Casone"
und seit der Mitte des 16. Jahrhunderts ein Kirchlein... Eine Art von "Niemandsland",
die einer Handvoll von Fischern, Floessern, Kleinbauern mit der "Malaria im
Gesicht", Niederwildjaegern und Pferdezuechtern Unterkunft bot. Die Pferde, von
hervorragender Rasse, lebten laut Ueberlieferung frei in den Waeldern; der
Schriftsteller Elio Bartolini beschrieb sie in einer wunderbaren Dichtung: "Am
Gestade, das sich zur groesseren Tagliamento-Muendung gesellt, traenken sich die
Pferde im klaren Gewaesser bis zur Gefuehllosigkeit, bevor sie sich wieder im
Wald verbergen und voll Lust schuetteln sie ihre Maehnen und peitschen sich die
Flanken mit den Schwaenzen." Aber die Geschichte von Lignano steht vor allem in
seinem Namen, der - mit der Nachsilbe "anum"- das sichere Bestehen einer
Siedlung auf der Halbinsel, schon zur Zeit der Roemer, bestaetigt. Eine Urkunde
aus dem 15. Jahrhundert spricht von einem "Gestade, das sich Lignano nennt", das
bedeutet, dass es im Besitz einen gewissen Luninus war. Ein Besitz, der nicht
unbedingt an die Erde und an die Landwirtschaft gebunden ist, sondern eher - wie
Lugano Bosio meint - ein Ort, der an den Produkten interessiert ist, die das
Meer und die Lagune dem Binnenland bieten konnten, wie die Fischkonservierung,
die Erzeugung von Garum (eine Fischsauce) und vor allem von Salz, das seit dem
Altertum von groesster wirtschaftlicher Bedeutung war. Eine Anlagestelle am Meer,
also, die mit der dahinterliegenden Lagune muenden, verbunden war. Auch die
Volkskunde erinnert an die Haerte und Rauheit des Gebiets, dernach der Name
Lignano von Lupignanum
abgeitet wird: ein von Woelfen verheertes Gebiet, oder
der Ortsname Pineda: Hoelzerwald. Die Hoelzer, die auch aus Karnien von den "Zatars",
den antiken Floessern, den
Tagliamento bis zur Muendung hinabgefloesst wurden wo
sie von den venetianischen "trabaccoli" aufgelesen und ins Arsenal der
Serenissima gebracht wurden, das unersaettlich Hoelzer verschlang, die aus all
ihren Gebieten kamen. 1420 gelangte auch Lignano unter die Herrschaft der
Republik Venedig, die verschiedene Adelsfamilien damit belehnte.
Eine davon, die Familie Vendramin zu Latisana, die von den Dogen abstammte,
verband ihren Namen besonders mit Lignano, als sie, vermutlich in der zweiten
Haelfte des 16. Jahrhunderts, das St. Zacharias Kirchlein im Herzen des winzigen
Bauerndorfes Pineda erbauen liess. Die Kirche, die somit ein Zeichen der
Herrschaft der Familie Vendramin ueber Lignano darstellte, war nicht sehr zum
Nutzen der ansaessigen Bewohner gebaut worden (1466 gab es zwei Haeuser, acht
Erwachsene und einige Kinder) als vielmehr fuer die Fischer und Floesser. Der
Hafen von Lignano bildete die Zufahrt zum Meer fuer Marano, das einstweilen als
Festung ausgeruestet worden war, und somit den Schluessel zur Herrschaft
Venedigs ueber die Adria darstellte. Nur deshalb, abhaengig von Marano, erschien
der Name Lignano in den Seiten, die die Geschichte im Mittelalter und in der
Neuzeit schrieb. Nach einer Reihe von Kaempfen zwischen Venedig und dem
Kaiserrreich um die Herrschaft ueber Marano ( es wurde auch auf der aeussersten
Spitze der Halbinsel ein Fort zum Schutz des Hafens gebaut), wurde Lignano nicht
mehr der Familie Vendramin zurueckerstattet, sondern blieb wesentlicher
Bestandteil des "Gebiets des Dogen" unter der Militaerdomaene
von Venedig,
direkt vom "Zehnerrat" verwaltet. Die Zeit floss fast spurlos an Lignano vorbei,
nur vom Wechsel der Jahreszeiten beruehrt. Zur Zeit Napoleons wurde eine zweite
kleine Festung zum Schutz der Kontinentalblokade errichtet, die 1812 gegen
England proklamiert worden war. In der Zwischenzeit hatte sich um die
Kontrollstation des "Hafens von Lignano" eine kleine Siedlung gebildet: 1813
waren es 70 Bewohner, zu denen auch die Zollwache und ein Gesundheitsbeamter
zaehlten. So blieb alles, als ob die Zei stehengeblieben waere, bis zum Beginn
des 20. Jahrhunderts, als fuer Lignano die entscheidende Geschichte des
Fremdenverkehrs begann.
Tratto da "MINIGUIDA PER ERUDITI E GAUDENTI" gentilmente concesso da Luigi De
Minicis